Johanna und eine Vertreterin des guatemaltekischen Bildungsministeriums

Inside Vivamos Mejor: Johanna Freund

Inside Vivamos Mejor: Johanna Freund

Zur Bedeutung der Frühförderung für benachteiligte Kinder

Im Bild: Johanna Freund (links) im Gespräch mit Ana Dionisio Yac vom guatemaltekischen Bildungsministerium.

Johanna Freund ist Projektleiterin für die Bildungsprojekte von Vivamos Mejor in Guatemala und Honduras. Die studierte Entwicklungspsychologin arbeitet seit 2009 in der Entwicklungszusammenarbeit und beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Bedingungen Menschen ihr Potenzial entfalten können.

Vivamos Mejor: Johanna, warum legt Vivamos Mejor einen starken Fokus auf die Förderung von Vorschulkindern?

Johanna Freund: Die ersten Lebensjahre sind enorm wichtig für die Entwicklung eines jeden Menschen und prägen seine weiteren Chancen im Leben. Ziel von Vivamos Mejor ist es, benachteiligte Kinder in einer frühen Phase ganzheitlich zu stärken, bevor sich die Schere zwischen ihnen und Kindern, die in günstigeren Verhältnissen aufwachsen, weit öffnet.

Welchen konkreten Effekt hat die Frühförderung?

Bietet man Kindern Bedingungen, in denen sie sich gut entwickeln können, erhöht das ihre Chancen auf einen erfolgreichen Bildungsweg und es stärkt die Resilienz in schwierigen Lebenssituationen. Eine Wirkungsstudie zu einem unserer Projekte in Kolumbien hat bestätigt, dass die dort geförderten Kinder bereits nach einem Jahr signifikant bessere kognitive, soziale und motorische Fähigkeiten aufweisen. Die Investition in die frühe Kindheit zahlt sich auch wirtschaftlich für eine Gesellschaft aus, eben wegen ihrer langfristigen Effekte.

Ist die Frühförderung international ein Thema?

Ja, die gesellschaftliche Bedeutung der Frühförderung wird zunehmend ernst genommen. Die WHO, Unicef und die Weltbank haben dazu den Ansatz «Nurturing Care» entwickelt. Er setzt auf die fünf Komponenten Gesundheit, gesunde Ernährung, Schutz vor Risiken, Möglichkeiten für frühes Lernen sowie emotionale Bindung und soziale Integration. Wir richten auch bei Vivamos Mejor unsere Frühförderungsprojekte nach diesem Ansatz aus, mit einem Schwerpunkt auf dem Lernen.

In Guatemala fördert Vivamos Mejor zweisprachige, interkulturelle Kindergärten, sogenannte CEIBI. Warum?

In unserer Projektregion Sololá sind über 90 Prozent der Bevölkerung Maya. Sie haben offiziell das Recht auf eine kulturell angepasste Bildung in ihrer Muttersprache. In der Praxis fehlt es jedoch unter anderem an entsprechend ausgebildeten Lehrpersonen. Mit unserer lokalen Partnerorganisation setzen wir uns dafür ein, diese Lücke zu füllen und indigene Kinder bei der altersgerechten Entwicklung und einem gelungenen Schulstart zu unterstützen.

Was zeichnet die CEIBI-Methode aus? 

CEIBI ist auf indigene Kinder zugeschnitten: Sie lernen zweisprachig – in ihrer indigenen Sprache und auf Spanisch – und werden auch darin gefördert, sich in ihrer Kultur und Gemeinschaft verwurzelt zu fühlen. Besonders wichtig ist die spielerische Pädagogik: Kinder in diesem Alter lernen über das Spiel und die Bewegung, das ist ihre Art und Weise, sich Wissen anzueignen. Deshalb schaffen wir in den CEIBI-Kindergärten eine Umgebung, die das fördert.

Was erhoffst du dir für die Zukunft der CEIBI?

Die politischen Bedingungen in Guatemala sind gerade vielversprechend: Die Regierung hat die frühkindliche Förderung in ihr Programm aufgenommen und stützt sich auf den Nurturing-Care-Ansatz. Unsere Hoffnung ist, dass der Staat die CEIBI-Methode übernimmt und sie so allen indigenen Kindern im Land zugutekommt.



Dieses Interview ist in den Winter News 2024 erschienen ↓



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