In indigenen Dorfgemeinschaften im Hochland Guatemalas sind mehr als 70 Prozent der Kleinkinder unterernährt. Mit Workshops zu ausgewogener Ernährung, Hygienemassnahmen und Weiterbildungen für das Gesundheitspersonal verbessert Vivamos Mejor die Ernährungssituation nachweislich. So legt sie den Grundstein, damit Kinder ihr Lern- und Entwicklungspotenzial ausschöpfen können.
Guatemala gehört weltweit zu den zehn Ländern mit den höchsten Raten chronischer Unterernährung von Kindern. Im Projektgebiet von Vivamos Mejor im Atitlán-Hochland sind über 70 Prozent der Kleinkinder unterernährt. Die Familien ernähren sich zu einseitig: Mais dominiert den Speiseplan, wodurch wichtige Proteine, Vitamine und Mineralien fehlen. Aufgrund unhygienischer Bedingungen leiden zudem viele Kinder unter Durchfall- und Wurmerkrankungen und können wichtige Nährstoffe nicht verwerten.
Mangel- und Unterernährung sind insbesondere in den ersten Lebensjahren prägend, erklärt der Mediziner Dr. Eduardo Secaira, Leiter der lokalen Partnerorganisation Vivamos Mejor Guatemala: «Mangel- und Unterernährung wirken sich entscheidend auf die weitere kognitive und physische Entwicklung eines Kindes aus und haben lebenslange Folgen. Sie beeinträchtigen die schulischen und beruflichen Chancen und damit die gesamtgesellschaftliche Entwicklung.» Viele Eltern sind sich der Problematik nicht bewusst und das lokale Gesundheitspersonal ist oft nicht dafür geschult, Mangel- oder Unterernährung frühzeitig zu erkennen.
Vivamos Mejor geht das Problem ganzheitlich an. Mit dem Projekt «Mehr als Kalorien» verbessert sie die Ernährungssituation und Perspektiven von 300 Kleinkindern unter fünf Jahren und von ihren 450 älteren Geschwistern. In der vorherigen Projektphase in benachbarten Gemeinden konnte sie den Anteil chronisch unterernährter Kinder bereits um 9 Prozent verringern.
Mit Kochworkshops und Hausgärten zu besserer Ernährung
In praktischen Kochworkshops lernen 150 Maya-Mütter mit Kindern unter fünf Jahren, was zu einer altersgerechten Ernährung gehört und wie sie alle benötigten Nährstoffe in ihren Speiseplan integrieren können. Das interdisziplinäre Projektteam hilft ihnen auch, kleine Obst-, Gemüse- und Kräutergärten anzulegen.
Die Projektteilnehmerinnen geben das erlangte Wissen an weitere Frauen ihrer Gemeinschaft weiter. Mit Hausbesuchen stellt das Projektteam zudem sicher, dass individuelle Rückfragen beantwortet werden. Da sich der Ernährungsbedarf von Kindern je nach Alter unterscheidet, gibt es unterschiedliche Angebote: Für Schwangere, stillende Mütter, Mütter mit Kindern zwischen 6 und 24 Monaten sowie Mütter mit Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren.
Über Radiosendungen in lokaler Sprache, die auch auf Social Media verbreitet werden, erreicht das Projekt weitere 5500 Personen mit Informationen zu altersgerechter Ernährung und zu den Zusammenhängen von Unterernährung und Haushaltshygiene.
Vom Spülbecken bis zum Silo: Hygiene für sichere Nahrung
Viele der Kinder in der Projektregion leiden unter häufigen Durchfallerkrankungen, die verhindern, dass sie die Nährstoffe im Essen verwerten können. Um dem entgegenzuwirken, sensibilisiert Vivamos Mejor für Haushaltshygiene wie regelmässiges Händewaschen, Wasseraufbereitung und saubere Kochflächen. Zudem unterstützt sie die Verbesserung von kleinen Sanitärinfrastrukturen, etwa den Bau von Latrinen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die verbesserte Lagerung der Essensvorräte. Denn viele Familien verlieren einen bedeutenden Teil ihrer Vorräte durch unsachgemässe Lagerung. Silos sollen dies ändern – und stossen bei den Projektteilnehmerinnen auf sehr positives Echo. «Das Silo ist eine grosse Hilfe», erzählt etwa Sofía Chumil Sajquiy. «Dank dem Silo ist unser Mais nun vor Ratten, Motten und Feuchtigkeit geschützt. Das Projektteam hat uns auch darin geschult, es zu befüllen und instand zu halten.»
Das Wachstum der eigenen Kinder anschaulich erklärt
Das Projekt bindet auch die lokalen Gesundheitseinrichtungen ein und unterstützt das Personal dabei, den Ernährungszustand der Kinder zu begleiten. Mitarbeitende lokaler Gesundheitsposten messen monatlich Grösse und Gewicht der Kinder und tragen die Daten in ein anschauliches Diagramm ein. Die Ernährungsberaterin des Projekts bespricht die Wachstumskurve bei Hausbesuchen mit den Müttern und unterstützt sie mit Ernährungstipps.
Die Projektteilnehmerinnen schätzen die verschiedenen Workshops und Hausbesuche. «Ich kann alles direkt im Alltag anwenden», berichtet Sofía Chumil Sajquiy. «In meiner ersten Schwangerschaft wusste ich noch nicht, dass ich darauf achten sollte, was ich esse. Und ich habe zu wenig lang gestillt.» Ihr zweiter Sohn esse nun viel diverser und gesünder als der erste; «und er ist weniger häufig krank.»
Sie sehe zudem, dass auch ihre Nachbarschaft bewusster mit Hygiene und Ernährung umgehe. Dazu meint die Projektkoordinatorin Marla Muj García: «Das ist genau unser Ansatz: Dass die Frauen die Probleme wahrnehmen und Veränderungen von ihnen selbst ausgehen.» So wird das Wissen über die Bedeutung von ausgewogener Ernährung nachhaltig verankert – und kommt auch künftigen Kindern zugute, für einen guten Start ins Leben und faire Entwicklungschancen.
Der Artikel ist Teil des Ernährungsberichts 2024 von Sufosec, der Schweizer Allianz für nachhaltige Ernährung weltweit:
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