Seit 2019 leitet Joachim Jung die Projekte des Programms Wasser & Nahrung in Zentralamerika und begleitet den Aufbau des partizipativen Klima-Monitorings. Für unsere Sommer News haben wir mit Joachim darüber gesprochen, wie sich Kleinbauernfamilien in Zentralamerika besser gegen die Auswirkungen des Klimawandels schützen können und worauf er gespannt ist, wenn er demnächst wieder in Honduras auf Projektreise ist.
Joachim, aus Schweizer Sicht ist es kaum vorstellbar, dass den Kleinbauernfamilien in Honduras keine lokalen Wetterprognosen zur Verfügung stehen – woran haben sie sich bis jetzt orientiert?
Joachim: Jahrhunderte lang galt die Faustregel: Fällt der erste Regentropfen, geht es los. Du wartest drei Tage ab und kannst dann säen. Die Regen- und Trockenzeiten waren lange klar voneinander abgegrenzt. Es funktionierte auch ohne lokale Wetterprognosen – bis jetzt. Die neue Unvorhersehbarkeit kann für die Bauernfamilien katastrophal sein. Wenn sie säen und es dann erneut trocken wird, sterben die Keimlinge ab. Müssen sie wieder säen, geht das auf Kosten ihrer Vorräte. Viele verfügen über Saatgut für genau eine Aussaat und haben nicht das Geld, um welches dazuzukaufen.
Wie kann partizipatives Wetter-Monitoring den Bäuerinnen und Bauern wieder bessere Orientierung geben?
Die individuelle Wahrnehmung des Wetters ist recht unterschiedlich, das kennen wir alle. Dank des Wetter-Monitoring verfügen die Bauernfamilien über konkrete Daten, über die sie sich auch innerhalb der Dorfgemeinschaft austauschen können. Längerfristig können lokale Wetterdaten auch einen Anhaltspunkt für Wetterprognosen bieten: Wenn ich weiss, dass es bei mir stets ungefähr die Hälfte des landesweiten Durchschnitts regnet, kann ich nationale Prognosen besser auf meinen lokalen Kontext anwenden.
Angesichts der Zunahme an Wetterextremen blicken Kleinbauernfamilien in Zentralamerika einer herausfordernden Zukunft entgegen. Wie können sie sich besser schützen?
Im Allgemeinen gilt, dass die agroökologischen Anbaumethoden, die wir den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in unseren Projekten nahelegen, dazu führen, dass ihre Felder besser für extreme Wetterereignisse gewappnet sind. Auf lange Sicht müssen sie ihren Anbau den klimatischen Veränderungen anpassen. Was das für die wichtigsten Kulturen in den Projektgebieten konkret bedeutet, untersuchen wir mit einem agroklimatischen Monitoring. Wir erheben beispielsweise jährlich Blüte- und Erntezeitpunkte und korrelieren diese mit den gesammelten Wetterdaten. Dadurch können wir zum Beispiel beobachten, wie eine bestimmte Maissorte unter den dokumentierten Wetterverhältnissen ihr Wachstumsverhalten verändert hat. So können die Projektteams die Bäuerinnen und Bauern besser darin beraten, ob sie etwa auf eine andere Maissorte umsteigen sollten. In Zukunft wollen wir zudem auch die Veränderung der Biodiversität in den Projektgebieten dokumentieren. Denn nur in einer gesunden Landschaft kann auch eine gesunde Landwirtschaft stattfinden.
Unsere drei Projekte in Honduras liegen in klimatisch unterschiedlichen Regionen im Norden, Westen und Süden. Haben die ländlichen Gemeinschaften mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen?
Tatsächlich unterscheiden sich die Gebiete stark. Der bergige Westen ist das Wasserschloss Zentralamerikas und auch an der Karibikküste im Norden regnet es viel. An der Südküste wiederum ist es sehr heiss und die Trockenzeiten sind lang. In dieser Region ist das Wasser äusserst knapp. Aber den Bauernfamilien machen ähnliche Themen zu schaffen: Ihre Parzellen sind klein und die Böden übernutzt und weniger fruchtbar wie früher. In allen Projektgebieten sind die Wälder bedroht, was wiederum die Wasserressourcen gefährdet.
Du wirst bald unsere neuen Projekte im Westen und im Süden besuchen. Worauf bist du gespannt?
Ich habe die zwei neuen Partnerorganisationen letztes Jahr zum ersten Mal besucht und ihre beeindruckende bisherige Arbeit gesehen. Jetzt bin ich gespannt darauf zu sehen, was sie in unseren Projekten bereits erreichen konnten. Im Süden, wo die unmittelbare Not der Bevölkerung sehr gross ist, kann es schwierig sein, die Menschen beispielsweise für Ressourcenschutz zu gewinnen. Aber das Projektteam ist sehr erfahren und ich bin gespannt darauf, wie das Projekt in den Dörfern ankommt.